Die Kunden von Stefan Vetter bezahlen nur, wenn bestimmte Ziele erreicht werden. Und seine Mitarbeiter arbeiten nur, wenn sie wollen. Wie das funktioniert, hat der CEO der AdWords-Agentur Wortspiel GmbH persoenlich.com erzählt.
Lucienne Vaudan: Herr Vetter, Ihre Agentur hat ein spezielles Geschäftsmodell: Ihre Kunden bezahlen Sie nur für den tatsächlichen Erfolg, den Ihre Dienstleistung einfährt. Wie sind Sie darauf gekommen?
Stefan Vetter: Wir haben unterschiedliche Bezahlmodelle ausprobiert. Mediaagenturen beispielsweise werden mit einem bestimmten Prozentsatz des Werbevolumens entlöhnt. Das ist nicht immer im Interesse des Kunden, denn je mehr Geld er ausgibt, desto mehr Geld verdient auch die Agentur. Ein anderes Modell wäre die Verrechnung auf Stundenbasis. Hier besteht der Nachteil darin, dass Ineffizienz lukrativ ist. Und bei einem festen Budget verdient die Agentur umso mehr, je weniger Zeit sie in ein Projekt investiert. Wir haben aber nach einem Modell gesucht, das die Leistung honoriert und uns deswegen für die erfolgsbasierte Leistungsabrechnung entschieden.
Was bedeutet das genau?
Je mehr Umsatz oder je mehr Leads wir für den Kunden generieren, desto mehr verdienen wir auch wir. Werden Erfolgsziele nicht erreicht, erhalten wir auch weniger Honorar. Dieser Ansatz eignet sich aber nicht für jedes Produkt. Sobald das Ziel eine Offlineaktivität ist, funktioniert es nicht. Man muss den Erfolg online messen können. Wir wenden das erfolgsbasierte Modell für Dienstleistungen an, bei denen ersichtlich ist, wie viele Leute sich beispielsweise auf einer Website angemeldet oder etwas Bestimmtes angeklickt haben.
Spielen da aber nicht auch Faktoren in den Erfolg, die nicht direkt durch Ihre Arbeit beeinflusst werden können?
Ja, das stimmt. Wir werden natürlich abhängiger von dem, was der Kunde sonst noch macht. Deswegen braucht es beidseitig ein grosses Vertrauen. Man muss sich im Vorfeld gut kennenlernen.
Ist es realistisch, jeden Kunden im Vorfeld der Zusammenarbeit gut kennenlernen zu wollen?
Nun, dieser Anspruch verlangsamt natürlich den Salesprozess. Es gibt durchaus Kunden, denen geht das zu langsam. Andersherum lehnen auch wir Kunden ab, wenn wir merken, dass es nicht passt. Damit können wir leben, denn unsere Freude ist grösser, wenn wir den Erfolg eines Kunden direkt beeinflussen können. Dieses Modell funktioniert nicht für jeden, aber es gibt Kunden, die diese Arbeitsweise schätzen und spezifisch nach solchen Modellen suchen.
Wird die Zusammenarbeit so nicht komplizierter und intransparenter?
Im Gegenteil, dieses Modell erlaubt eine sehr grosse Transparenz, denn der Kunde bezahlt nur das, was wir auch tatsächlich liefern. Und er hat Zugang zu sämtlichen Statistiken und Daten. Dadurch ist er über den Stand der Dinge immer im Bild. Wir sprechen mit unseren Kunden beispielsweise deutlich weniger über klassische monatliche Reportings und detaillierte KPI. Sogar die Budgetdiskussion wird sekundär, weil der Kunde ja weiss, dass wir nur mitverdienen, wenn wir Leistung erbringen.
Auch die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und Ihren sechs Partnern ist aussergewöhnlich. Im Prinzip besteht Ihre Firma aus sieben Einzelfirmen.
Ich habe lange im Angestelltenverhältnis in Agenturen gearbeitet. Obwohl ich viel lernen konnte, wurde es mir bald zu eng. Ich konnte nicht entscheiden, mit welchen Kunden ich zusammenarbeite, von wo und wann ich arbeite. Da war es naheliegend sich selbstständig zu machen. Allerdings bin ich ein Teamplayer. Deshalb habe ich eine Firma aufgebaut, die keine Angestellten hat, sondern Partner. Jeder von uns hat eine eigene Einzelfirma.
Weshalb dann der Zusammenschluss?
Wir arbeiten zusammen, damit wir grössere und spannendere Projekte bewältigen können. Aber jeder ist unabhängig und kann frei entscheiden, ob er an einem Projekt mitarbeiten will oder nicht, und auch von wo aus er das tun will.
Home Office wurde von vielen Tech-Firmen enthusiastisch angepriesen, erwies sich dann aber als schwieriger als gedacht. Wie handhaben Sie es, wenn Sie einen Auftrag auszuführen haben und Ihr Geschäftspartner am anderen Ende der Welt sitzt und einen ganz anderen Rhythmus hat?
Natürlich ist jedes einzelne Projekt für sich jeweils bindend. Ich denke dieser Trend des Digital Nomad wird sich weiter verstärken. Die Generation Y definiert sich mehr über Freiheit und die Möglichkeit der Entfaltung als über Statussymbole. Wir kommunizieren über Onlinetools und sind so im Prinzip ständig gemeinsam verbunden. Wir skypen regelmässig und haben fix ein Mal pro Woche ein Teammeeting per Videochat. Zudem haben wir ja gemeinsame Ziele und die verbinden uns mehr, als eine gemeinsame Büroküche.
Haben Sie überhaupt ein gemeinsames Büro?
Ja, und das wird auch genutzt zum Arbeiten, aber eigentlich dient es vor allem dem Empfang von Kunden. Ich arbeite meist zwei Tage pro Woche in unserem Büro und die restlichen drei von zuhause aus. Das braucht natürlich einiges an Disziplin, aber dafür kann ich sehr viel mehr von meiner zwei Monate alten Tochter miterleben und meine Frau entlasten, als wenn ich täglich noch mindestens zwei Stunden pendeln müsste.
Sie haben die Disziplin angesprochen. Welche Schwierigkeiten birgt dieses Modell ausserdem?
Ein Nachteil ist es sicher, dass das Team über weniger klassische Sicherheiten verfügt. Es gibt keinen fixen Lohn: Ist die Auftragslage schlechter, ist jeder auch in der Verantwortung, neue Aufträge zu akquirieren. Und es braucht untereinander viel Vertrauen, denn ein Konflikt über die Distanz zu klären ist sicher schwieriger, als wenn man im selben Büro sitzt. Deshalb ist es besonders wichtig, dass wir zusammen harmonieren.
Stefan Vetter ist CEO und Gründer bei Wortspiel. Er erstellte 1999 seine erste Website und ist seitdem im digitalen Marketing tätig. Stefan ist ausserdem Gründer von Friendly, einer Schweizer Anbieterin von datenschutzfreundlicher Marketing-Software.