Auf diesem Weg stand ich auf hohen Schultern. Es sind vor allem die Ratschläge und die Unterstützung von anderen Personen, die unsere Entwicklung ermöglicht haben.
Folgende fünf Erkenntnisse haben mir in den letzten fünf Jahren besonders geholfen. Ich teile sie in der Hoffnung, dass sie Dir ebenfalls nützlich sein können.
Für mich stand lange vor der Gründung von Wortspiel fest, dass ich gerne Unternehmer bzw. Geschäftsführer werden möchte. Menschen in dieser Position scheinen recht zufrieden zu sein – ich kann das aus eigener Erfahrung bestätigen. Landwirte und Kleriker scheinen übrigens auch sehr glücklich zu sein:
Allerdings war ich noch weit davon entfernt, Unternehmer zu sein. Ich hatte zwar viele Geschäftsideen, wusste hingegen wenig über Führung von Mitarbeitenden, Betriebswirtschaft und Finanzen. Auch war mein Netzwerk nicht sehr stark.
Zum Glück gab mir jemand folgenden Rat: «Wenn Du etwas erreichen möchtest, verhalte Dich jetzt schon, als wärest Du schon da.»
Damals arbeitete ich in einer der grössten Digital-Marketing-Agenturen der Schweiz. Ich frug mich, wie ich mich als Geschäftsführer einer solchen Agentur verhalten würde.
Ich nahm wahr, dass die Geschäftsführer viel unterwegs waren und sich mit Branchenkolleginnen und -kollegen austauschten. Also machte ich das auch.
Ich schrieb viele Menschen auf LinkedIn und Twitter an, die alle viel bekannter und einflussreicher waren als ich. Ich fragte sie, ob sie sich mit mir zum Mittagessen oder Kaffee treffen würden. Erstaunlich viele – fast alle – sagten ja.
Ich nutzte nach Möglichkeit jede Pause bei der Arbeit für solche Treffen. Mit der Zeit kannte ich einen grossen Teil der Marketing-Szene in Zürich.
Viele der Menschen, die ich traf, hielten mich für eine leitenden Person der Agentur, in der ich damals angestellt war – weil sie nicht erwarteten, dass ein «normaler» Projektleiter sich so verhält.
Dieses Verhalten bildete das Fundament von Wortspiel. Als ich die Firma gründete, verdankte ich meinem Netzwerk mehr Anfragen, als ich alleine umsetzen konnte!
Schnell durfte ich daher das Team erweitern. Bereits im ersten Jahr arbeiteten wir für bekannte Marken wie die Migros, Universal Music und die Hörmittelzentralen (heute Audika) und für aufstrebende Startups wie MOVU (gekauft von der Baloise) und Sherpany.
Jahr 2: Arbeite mit Menschen, die besser sind als Du
Während meiner Zeit bei Yourposition (heute Dept) hatte ich das Privileg, die Google-Ads-Konten einige der grössten Schweizer Unternehmen zu betreuen, darunter das der Schweizer Post. Dadurch wusste ich ein paar Dinge über Google Ads.
Dennoch war ich mit einer unserer ersten Kundinnen bei Wortspiel überfordert. Ihr Google-Ads-Konto war von einer Software aufgesetzt worden. Diese Software hatte das Konto extrem granular strukturiert: es enthielt über 30’000 Anzeigengruppen, ebenso viele Keywords und etwa 60’000 Anzeigen.
Gleichzeitig war die Performance des Kontos extrem wichtig. Bis auf die Software hatte allerdings niemand einen Überblick über das Konto. Und die Leistung der Software wurde laufend schlechter.
Die Herausforderung bestand darin, «am offenen Herzen» zu operieren. Wir mussten das Konto so umstrukturieren und vereinfachen, dass ein Mensch den Überblick behalten kann. Und dass, ohne dass die Leistung sich verschlechtert, was bei jedem «Relaunch», ob Werbekonto oder Website, eine grosse Gefahr ist.
Das beste, was ich in der Situation tun konnte: Ich suchte Unterstützung bei jemandem, der besser war als ich. Für einen Vortrag hatte ich bereits mit Aurel Gergey gearbeitet. Seine Erfahrung mit Google Ads reicht zurück bis 2004: neun Jahre mehr als ich.
Gemeinsam schafften wir es, das Konto nicht nur deutlich zu vereinfachen, sondern auch die Leistung markant zu steigern.
Das Ergebnis: Die Kundin und wir arbeiten auch heute noch – über vier Jahre später – erfolgreich zusammen. Das wäre sehr wahrscheinlich nicht der Fall, wenn ich nur auf meine eigene Leistung gesetzt hätte.
Jahr 3: Culture Fit over Skill Fit
Eines meiner grössten Vorbilder für den Aufbau von Wortspiel war und ist Buffer. Von ihnen lernte ich das Konzept des «Culture Fit over Skill Fit».
Eine andere Formulierung dafür ist «Hire for Culture, Train for Skills».
Dieses Konzept geht von zwei Voraussetzungen aus. Die eine ist, dass es nicht möglich ist, Menschen zu ändern (das können sie nur selbst). Die andere ist, dass bestimmte Einstellungen und Werte der Mitarbeitenden (die «Kultur») einen Vorteil im Wettbewerb und im Recruiting darstellen.
Ein Beleg für die die letzte These ist ein Rat, den der Investor Peter Thiel dem Airbnb-Gründer Brian Chesky gab. Seine Antwort auf die Frage nach seinem wichtigsten Rat an den Gründer lautete: «Don’t fuck up the culture».
Selbst wenn es mir keinen Vorteil im Wettbewerb brächte, arbeite ich lieber mit Kolleginnen und Kollegen zusammen, die ich nicht nur fachlich, sondern auch zwischenmenschlich schätze.
Aus diesen Gründen habe ich sehr früh in der Geschichte von Wortspiel unsere Werte definiert. Ein herzlicher Dank an dieser Stelle geht an Aurel Gergey für seine Unterstützung bei der Formulierung.
Dass wir diese Werte im Alltag leben, ist für mich mindestens so wichtig wie unsere fachliche Expertise. Nur beides zusammen führt zu Exzellenz.
Die Folge davon zeigt sich für uns ganz praktisch: durch sehr geringe Fluktuation und lange Kundenbeziehungen.
«Culture is not what you say, it’s what you do.»
Marc Randolph, Mitgründer und erster CEO von Netflix.
Jahr 4: Verkaufe Leistung, nicht Zeit
Es gibt verschiedene Abrechnungsmodelle für Agenturleistungen und Beratung. Die meisten haben deutliche Nachteile.
Ein gängiges Modell ist die Abrechnung nach Stunden. Vorteil: einfach. Nachteil: es incentiviert Ineffizienz. Je langsamer ich arbeite, desto mehr verdiene ich. Gleichzeitig würde die Kundin von Geschwindigkeit profitieren: je schneller sie eine Leistung bekommt, desto länger kann sie davon profitieren.
Viele Mediaagenturen berechnen für ihre Arbeit einen Anteil an den verwalteten Werbebudgets (Mediaspend). Vorteil: einfach. Nachteil: je mehr die Agentur ausgibt, desto mehr verdient sie. Investiert sie das Budget allerdings schlecht, verdient sie dennoch mehr – der Kunde hingegen verliert.
Das dritte populäre Modell sind Fixpreise. Vorteil: sie sind für beide Seiten gut planbar. Ausserdem incentivieren sie Geschwindigkeit. Nachteil: sie belohnen Faulheit. Liefert die Agentur eine Leistung mit minimalem Aufwand auf minimalem Qualitätsniveau, gewinnt sie kurzfristig finanziell.
Das einzige mir bekannte Modell, das die Ziele von Agenturen und Auftraggeberinnen in Übereinstimmung bringt, ist die leistungsbasierte Abrechnung. Ich lernte es von meinem Kollegen Aurel Gergey kennen.
Bei diesem Modell ist die Grundlage des Honorars nicht die geleisteten Stunden oder das verwaltete Mediabudget, sondern der Wert der Leistung für die Auftraggeberin.
Idealerweise wird es kombiniert mit einem Bonus für die Erreichung konkreter Ziele (Umsätze, Leads etc.) und optional mit einem Malus, falls Ziele deutlich unterschritten werden.
Werden Ziele erreicht, profitieren Agentur und Auftraggeberin gleichermassen – ein echtes Win-Win.
Aus diesem Grund setzen wir seit 2016 wo immer möglich auf dieses Modell.
Jahr 5: Diversifiziere
Einer unserer drei Firmenwerte ist «Fokus». Die ersten drei Jahre haben wir uns daher auf eine einzige Dienstleistung spezialisiert: Google Ads.
Der Firmenname «Wortspiel» war ursprünglich sogar eine Anspielung auf «AdWORDS», den ehemaligen Namen von Google Ads.
Das war damals sinnvoll, weil wir als kleines Team (bzw. anfangs ich alleine) höchste Qualität bieten wollten. Das wäre mit einem breiteren Angebot nicht möglich gewesen.
Gleichzeitig ist es natürlich ein grosses Risiko, alle Eier in einen Korb zu legen. Und je grösser eine Plattform (in diesem Fall Google) ist , desto weniger hat sie es nötig, loyal zu ihren Partnern (in diesem Fall uns) zu sein.
«Think twice about building a business on a platform some other company controls. The more popular the platform is, the less compunction they’ll feel about crushing you.»
Mittlerweile ist unser Team auf 11 Expertinnen in verschiedenen Disziplinen gewachsen. Das ermöglicht uns, bei weiterhin hoher Qualität mehr Dienstleistungen anzubieten.
Diese Entwicklung ermöglicht es uns nicht nur, unser Angebot zu diversifizieren – sie zwingt uns sogar dazu.
Durch die Automatisierung wird unser bisheriges Hauptgeschäft disruptiert. Das «Handwerk» der laufenden Kampagnen-Optimierung erledigen Algorithmen bereits besser als der Mensch.
Allerdings ist jeder Algorithmus nur so gut, wie die Daten, die ihm zugrundeliegen. Und ein Algorithmus optimiert nur, er ist längst noch nicht soweit, kreative und strategische Ideen hervorzubringen.
Media-Management bei Google Ads und Facebook Ads bleibt natürlich ein wichtiger Teil unserer Dienstleistung. Wir glauben allerdings, dass der zeitliche Aufwand und die benötigte Expertise durch die Automatisierung sinken wird.
Den Vorteil im Wettbewerb werden diejenigen Unternehmen haben, die strategisch auf die richtigen Kanäle setzen, die richtigen Ziele für die Algorithmen von Google, Facebook und Co wählen und die Algorithmen dann mit den richtigen Daten füttern.
Fazit
TL;DR (Too long; didn’t read): Suche Menschen, die einen Schritt weiter sind als Du, und lerne von ihnen.
Meine Erkenntnisse sind Geschichten meiner Reise. Vielleicht nützen Dir sie, vielleicht stehst Du gerade auch an einem anderen Punkt. Daher möchte ich Dich vor allem zu der Frage ermutigen: Wer könnte Dich jetzt weiterbringen?
Ich verdanke meine Reise vielen Menschen: meiner Familie, unserem Team, unseren Kundinnen und unseren Freunden. Herzlichen Dank! Und: Happy birthday, Wortspiel!
One more thing
Ich habe in diesen 5 Jahren so viel bekommen, dass ich gerne ein klein wenig davon zurückgeben würde.
Daher spende ich 5 Stunden meiner Zeit für einen guten Zweck – in Form von Beratung, Workshops, Coaching etc.
Kennst Du eine Person oder eine Organisation, die meine Unterstützung gebrauchen könnte? Dann lass es sie und mich bitte wissen.
Stefan Vetter ist CEO und Gründer bei Wortspiel. Er erstellte 1999 seine erste Website und ist seitdem im digitalen Marketing tätig. Stefan ist ausserdem Gründer von Friendly, einer Schweizer Anbieterin von datenschutzfreundlicher Marketing-Software.