Ob Möbelschreinerei, Reisebüro oder Beautysalon – überall stellt sich gleichermassen die Frage: Wie kann ich mit einem überschaubaren Budget an neue Kunden gelangen?
In der Ausgabe 6-7/19 der MK Marketing & Kommunikation durfte ich meine Meinung dazu teilen – neben Samuel Leiser von Google und Lukas Nauer von Netpulse.
Vielleicht haben Kleininserate in der Lokalpresse nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Doch wie sehen die Möglichkeiten online aus? Verpufft Online-Werbung nicht einfach im unergründlichen Internet-Space? Wäre eine Online- Kampagne überhaupt bezahlbar? Und wer hilft bei den ersten Schritten? MK hat sich des Themas Google Ads für KMUs und Neueinsteiger angenommen und bei Experten hierzu angeklopft.
Zunächst haben wir Stefan Vetter befragt, den CEO der Digital-Marketing-Agentur Wortspiel GmbH. Er schickt voraus, dass eine Firma, die mit Google Ads werben wolle, erst mal Ziele definieren sollte: «Die können umsatzorientiert sein oder nach Käufen oder Leads ausgerichtet. Dann gilt es, den Kanal zu evaluieren. Bei Google steht die Suche zur Verfügung, aber auch Display- und Youtube- Werbung. Alle diese drei Kanäle haben ihre Stärken und Schwächen.»
Suchwerbung für bereits nachgefragte Produkte
In der Google-Suche zu werben lohne sich dann, wenn eine Firma über ein bereits nachgefragtes Produkt verfüge. Mit der Suche liessen sich potenzielle Kunden effizient erreichen. «Der Nachteil ist, dass der Kanal schon recht gut gebucht ist von anderen Werbetreibenden. Bei vielen Suchwörtern sind die Preise sehr hoch. Dann wird es schwierig, überhaupt noch Geld zu verdienen – nicht wie das vor zehn Jahren noch der Fall war.»
Und er spricht von Haifischbecken und Anbietern mit sehr grossem Budget, wenn es sich nicht um Nischen handle. Ein einzelnes Hotel etwa könne davon ein Lied singen, weil es von Giganten wie Booking.com auf die Plätze verwiesen werde.
Youtube fürs Branding
Spannend fürs Branding sei Youtube. Doch nicht nur – Vetter erwähnt den Begriff «Brandformance», also eine Mischung aus Branding und Performance: «Youtube eignet sich für Kampagnen, die aufs Branding einzahlen, gleichzeitig aber auch oft umsatzrelevantere Ergebnisse bringen können, als dies bei Display-Werbung der Fall ist.» Dank Machine Learning sei es immer einfacher, das angestrebte Publikum herauszufiltern. Zudem seien die Klickpreise derzeit noch deutlich tiefer als bei der Google-Suche.
Auf die Nachfrage, ob denn für eine Bäckerei oder einen Coiffeur- Salon Youtube-Werbung vom Produktionsaufwand her gesehen überhaupt in Frage komme – schliesslich handelt es sich um Bewegtbild –, sagt der Wortspiel-CEO: «Für Creators ist der Aufwand bei Youtube sicherlich am grössten. Doch KMUs können von zwei Entwicklungen profitieren: Die Kosten für die Filmausrüstung sind so tief wie nie. Ein Smartphone und ein Mikrofon genügen. Zweitens hat sich die Mediennutzung geändert. Es ist völlig okay, wenn das Youtube-Video leicht wackelt, die Qualität eines TV-Spots wird vom Youtube-Nutzer nicht erwartet. Wichtig ist primär, dass die Botschaft stimmt und gut ist.»
Früher sei die TV-Werbung unerreichbar gewesen, heute zeichne sich eine Demokratisierung der TV-Werbung ab. «Auf Youtube lässt sich mit kleinem Budget eine spezifische Zielgruppe erreichen.» Und derzeit befänden sich die Sparten Display und Youtube noch im Goldrausch, die Preise seien – im Vergleich zur Suche – noch nicht überhitzt.
Was kostet ein Neukunde?
Lukas Nauer, Gründer von Netpulse.ch – die Agentur unterstützt KMUs beim Thema Google Ads –, unterstreicht, wie wichtig eine konkrete Zielsetzung ist: «Schon vor Beginn der Werbekampagne muss man sich Gedanken machen, was man genau erreichen will. Auch ein finanzieller Plan mit der Überlegung, wie viel etwa ein Neukunde kosten darf, ist wichtig. Es ergibt keinen Sinn, ins Blaue hinaus zu werben.»
In seinem bereits publizierten Google-Ads-Ratgeber warnt Nauer auch vor zu allgemeinen Keywords: «Die Suche nach allgemeinen Keywords dient meist zur Informationsbeschaffung. Wenn jemand zum Beispiel die Wörter ‹Hotel Spanien› sucht, überlegt er sich nur, wohin er vielleicht gerne fahren möchte. Konkretisiert sich aber der Wunsch des Kunden, sucht er spezifischer. Er sucht dann beispielsweise nach ‹Youth Hostel Madrid› oder ‹Luxus Hotel Barcelona›.» Deshalb sei es wichtig, Keyword-Ketten zu bilden und die Keywords nicht zu generisch zu belassen.
Suchbegriffe eingrenzen
In seinem Ratgeber erläutert der Netpulse-Chef aber auch grundlegende Tipps, etwa die Eingrenzung mittels Parametern:
[Genau Passend], die Keywords sind in eckige Klammern zu setzen. Die Anzeigen werden nur zu den exakt hinterlegten Keywords geschaltet.
«Passende Wortgruppe», die Keywords sind in Anführungszeichen zu setzen. Es bedeutet, es muss im Suchschlitz das Suchwort eingeben werden, das als Keyword bei Google Ads hinterlegt ist, es darf aber beliebig mit anderen Begriffen kombiniert sein.
+weitgehend +passend +mit +modifizieren, vor jedem Keyword wird ein Plus hinzugefügt. Es bedeutet, es muss im Suchschlitz jedes hinterlegte Keyword vorkommen, dabei spielen aber die Reihenfolge und die Anzahl weiterer Wörter keine Rolle.
Ein weiterer Tipp Nauers lautet, verschiedene Anzeigen zu schalten, die miteinander konkurrieren: «Dadurch wird die höchstmögliche Vielfalt erreicht. Dies folgt dem Prinzip, dass ein Kunde beim zweiten Besuch einer Webseite eher einen Auftrag erteilt als beim ersten. Schaltet man nun diverse Anzeigen, die immer zur gleichen Seite führen, steigert man die Möglichkeit eines erfolgreichen Geschäftsabschlusses.»
Google Ads ist jedenfalls ein effizientes Marketinginstrument, findet Nauer, es könne kleine Firmen bekannt machen und grossen zu weiteren Erfolgen verhelfen. Es lohne sich, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Hierzu biete Google kostenlose Schulungen und Online-Kurse an. Auch Netpulse selber bietet kostenlose Seminare an, unter www.power-seminar.ch.
Die ersten Schritte
Mit einem Online-Kurs oder einem kostenlosen Seminar sind die ersten Schritte gemacht, um in die Google-Ads-Welt einzusteigen. Unter dem Link www.google.ch/ads sind zudem sämtliche Informationen zu finden zur Funktionsweise und dazu, wie sich die Kosten einer Kampagne zusammensetzen.
«Beim Werben mit Google Ads gibt es kein Minimum- Budget pro Tag, Monat oder Kampagne – daher haben gerade auch kleinere Unternehmen in ihrer Branche die Chance, vorne mitzuspielen », erklärt Google-Schweiz- Sprecher Samuel Leiser. Denn dank kontextueller Werbung mit selbst definierten Keywords könne man auch als KMU genau jene Personen ansprechen, die im Internet nach dem eigenen Produkt oder Service suchen.
«In der Schweiz gibt es zahlreiche KMUs, von kleinen wie Linsenmax, Bike Adventure Tours, Carawero über mittelgrosse wie Glice bis zu grösseren KMUs wie Zimmerli, welche durch Google Ads teilweise weltweit Neukunden gewinnen und so ihr Geschäftswachstum erfolgreich vorantreiben », so Leiser.
Kostenlose Schulungen
Bereits 2012 startete Google Schweiz kostenlose Schulungen im Zürcher Google-Büro, heute nehmen im Rahmen dieses Programms «AtelierDigital.ch» jährlich mehr als 10 000 Personen in der Schweiz an den Schulungen vor Ort teil.
Das «Atelier Digital» bietet in den drei Landessprachen Deutsch, Französisch und Italienisch sowohl online verschiedenste Schulungen zu ganz verschiedenen digitalen Themen (unter anderem 26 Module zum Online-Marketing inklusive IAB-Europe-Zertifizierung) an.
Ebenso gibt es Face-to-face- Trainings in den Zürcher Büros und in anderen Städten der Schweiz wie Lausanne und Bern zu Themen wie «Suchmaschinen- Marketing mit Google Ads – Grundlagen / Vertiefung», Bannerwerbung, Remarketing, Google-Shopping-Anzeigen oder Werbung mit Youtube.
Besonders für KMUs ist dieses kostenlose Schulungsangebot von Google sehr attraktiv, da es teilweise auch aus der Distanz online verfügbar ist. Zudem sind – wie erwähnt – auch alle Schulungen kostenfrei.
Stefan Vetter ist CEO und Gründer bei Wortspiel. Er erstellte 1999 seine erste Website und ist seitdem im digitalen Marketing tätig. Stefan ist ausserdem Gründer von Friendly, einer Schweizer Anbieterin von datenschutzfreundlicher Marketing-Software.