Branding, Automatisierung und Kunden-Fokus: die Trends der SMX München 2019 in unserem Recap

By Stefan Vetter | 9. April 2019 (aktualisiert 25. Mai 2019) | Digital Marketing, Google Ads, SEO
Christian Ebernickel, Rand Fishkin und Stefan Vetter auf der SMX München 2019

V. l. n. r.: Christian Ebernickel (Wortspiel), Rand Fishkin (Sparktoro) und Stefan Vetter (Wortspiel)

Die SMX München ist die grösste Veranstaltung im deutschsprachigen Raum zum Thema Suchmaschinenmarketing (SEA + SEO). Von unserem Team nahmen Christian und meine Wenigkeit (Stefan) teil – Christian als Speaker, ich als Teilnehmer.

Aus meinen besuchten Vorträgen lese ich die folgenden drei Trends ab, die unsere Branche in den nächsten Jahren prägen dürften:

  1. Branding wird wichtiger: Steigender Wettbewerb bei SEA und nur noch eine einzige Antwort bei Voice Search
  2. Automatisierung nimmt zu: Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen sind die Zukunft
  3. Radikaler Kunden-Fokus ist nötig: reden wir die Sprache unserer Kunden?

Branding wird wichtiger: Steigender Wettbewerb bei SEA und nur noch eine einzige Antwort bei Voice Search

Die Klickpreise in der Suchmaschinenwerbung sind überhitzt. Auch nach unserer Erfahrung bei Wortspiel ist es in vielen Bereichen (z.B. Versicherungen) kaum noch möglich, über Google Ads Geld zu verdienen. Klar kann ich damit schnell und skalierbar meinen Umsatz steigern – weil viele Anbieter dort allerdings bis zur Schmerzgrenze auf die Keywords bieten, schreiben viele Anbieter damit bestenfalls eine schwarze Null.

Ein weitere Herausforderung ist der Einfluss von Risikokapital. Rand Fishkin zeigte auf, dass die Investments in Startups seit 2008 deutlich gestiegen sind:

Diese Startups schreiben oft über viele Jahre rote Zahlen bei der Kundenakquise – auch bei der über Google Ads Search. Und häufig müssen sie es sogar: in dem meisten Bereichen werden sich wenige Anbieter durchsetzen («The winner takes it all»). Dadurch wird es für Unternehmen, die über kein Risikokapital verfügen und rentabel arbeiten müssen, gerade bei generischen Suchbegriffen immer schwieriger, einen positiven ROI zu erwirtschaften.

Und wäre das nicht genug, setzt auch die Sprachsuche über Geräte wie Amazon Alexa oder Google Home den werbenden Unternehmen zu. Anders als in der normalen Google-Suche bekomme ich dort nämlich nicht eine Liste von Ergebnissen, aus denen ich wählen kann, sondern nur noch eines.

Wenn ich sage: «Alexa, schick mir Batterien», erhalte ich mit grösster Wahrscheinlichkeit Batterien einer Eigenmarke von Amazon. Wenn ich dort als Unternehmen weiterhin einen sicheren Umsatz erwirtschaften möchte, geht das nur, wenn meine Konsumenten beispielsweise sagen: «Alexa, schick mir Duracell-Batterien».

Um beiden Herausforderungen zu trotzen – der enormen Klickpreise für generische Begriffe in der Google-Suche, und der Reduktion der Ergebnisse auf eines in der Sprachsuche – müssen Unternehmen also ihre Marke stärken. Das bedeutet, die Investitionen in Branding-Kanäle wie Display, YouTube, Social Media Ads, Plakate, Print oder TV zu erhöhen.

Automatisierung nimmt zu: Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen sind die Zukunft

«Übernimmt der Terminator meinen Job?», «Ein Blick in die Blackbox der Automatisierung von Google Ads», «Customer Experience im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz», «Produktentwicklung mit Machine Learning und KI» – es mangelte nicht an Vorträgen, die das Thema Automatisierung zum Inhalt hatten.

Einig waren sich die meisten Dozierenden, dass im Marketing (und auch in der Produktentwicklung) der Zukunft kein Weg am Einsatz von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen vorbeiführen wird. Die Frage, die überall durchklang, war: nimmt die Automatisierung unserer Jobs weg?

Jim Sterne zeigte auf, bei welchen Aufgaben maschinelles Lernen uns Menschen überlegen ist:

  • Korrelationen: welche Attribute haben Menschen, die ein anderes Attribut teilen?
  • Segmentierung: wie lassen sich Gruppen sinnvoll unterteilen?
  • Gruppierung: es gibt X Gruppen
  • Anomalien: diese Personen sind einmalig

All diese Aufgabe sind im Marketing besonders wichtig beim Targeting – also bei der Auswahl der Zielpersonen und der entsprechenden Aussteuerung der Klick-Gebote. Hier kommt Machine Learning beispielsweise bei Google Ads schon massiv zum Einsatz.

Was sind hingegen Aufgaben, die Menschen voraussichtlich noch länger besser lösen können als die Maschine? Die «Partnership for 21st Century Learning» (P21) ist eine gemeinnützige Organisation, der unter anderem Apple, Microsoft und SAP angehören. Sie definiert die wichtigsten Fähigkeiten für das 21. Jahrhundert als «The Four Cs»:

  • Collaboration (Zusammenarbeit)
  • Communication (Kommunikation)
  • Critical thinking (Kritisches Denken)
  • Creativity (Kreativität)

All diese Fähigkeiten sind für gutes Marketing elementar. Unsere Aufgaben werden sich ändern, unsere Jobs im Marketing werden bleiben. Jedenfalls mittelfristig.

Radikaler Kunden-Fokus ist nötig: reden wir die Sprache unserer Kunden?

Karl Gilis zeigte in einer sehr humorigen Keynote viele Beispiele sehr schlechter und sehr guter Kundenansprache. Am Beispiel einer Google-Suche nach «Carport» demonstrierte er, wie wenig Mühe sich unsere Zunft oft bei der Kreation der Google-Anzeigen gibt. Viele Anzeigen listeten endlose Eigenschaften auf («Glas oder Polycarbonat»), gingen aber zu wenig auf die Bedürfnisse der Zielgruppe ein.

Als besseres Beispiel für Kundenorientierung führte er Booking.com an. Die Seite schafft es, auf nur einem Screen den Kunden 12 Mal direkt anzusprechen («Ihr Zimmer», «Ihre Reise», «Ihre Auswahl»…) und erzeugt so ein sehr persönliches Erlebnis.

Fazit

Die Konferenz hatte einige sehr gute Speaker zu bieten. Zu meinen diesjährigen Favoriten gehören Rand Fishkin («Die vier Reiter der Web-Marketing-Apokalypse»), Karl Gilis («Wenn die Technologie unser Leben bestimmt – Überlebensstrategien für eine neue Ära»), Jim Sterne («Diesmal wird es ernst: die Roboter kommen und alles wird sich ändern») und Robin Heintze («Zeit, die Silos hinter sich zu lassen: Next Level B2B SEA»).

Suchmaschinenmarketing bleibt in Bewegung – getrieben durch Technologie und wachsende Konkurrenz in den organischen und bezahlten Suchergebnissen. Ich bin gespannt auf die weiteren Entwicklungen – und werde der SMX München auch in 2020 einen Besuch abstatten.

Weitere Recaps der SMX München 2019

Weitere Recaps gibt es bei diesen Kolleginnen und Kollegen:

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Stefan Vetter ist CEO und Gründer bei Wortspiel. Er erstellte 1999 seine erste Website und ist seitdem im digitalen Marketing tätig. Stefan ist ausserdem Gründer von Friendly, einer Schweizer Anbieterin von datenschutzfreundlicher Marketing-Software.