Unglaublich, wieviel Touchpoints heutige Konsumenten durchlaufen, bevor sie zuschlagen.
Als ich die Google Marketing Live 2019 anschaute, fiel mir auf: Manche Eigenschafts-Wörter werden wiederholt und sind häufiger zu hören. Damit war mein Interesse geweckt. Ich schrieb diese Adjektive auf, gruppierte sie, liste sie hier auf – und versuche eine kurze Deutung der hervortretenden Muster.
(Hinweis: Auf der Marketing Live wurden einige neue Funktionen vorgestellt, darunter Bild-Anzeigen für die Google-Suche namens Gallery Ads, die neue Gebotsstrategie «Conversion-Wert maximieren» und Anzeigen im Discover-Feed. Da darüber bereits in anderen Medien ausführlich berichtet wurde, sparen wir uns hier eine Wiederholung).
Adlucent fand kürzlich heraus, dass sieben von zehn Menschen personalisierte Ads bevorzugen. Und eine Studie von Epsilon zeigt, dass vier Fünftel der Konsumenten eher bei Brands kaufen, die ihnen personalisierte Erlebnisse bieten. Wie schön, dass Google Ads diesen Trend aufgreift – und das Ausliefern individualisierter Ads vereinfachen wird? Jein.
Denn, wie RSA erkannte: Nur eine Minderheit der Menschen mag das Datensammeln, welches für die Personalisierung erforderlich ist. Schön blöd. Wir wollen personalisierte Erlebnisse, aber die Daten dafür wollen wir nicht hergeben. Google ist sich dieses Dilemmas bewusst, mehr dazu weiter unten.
Ich selbst mag vor allem gute Ads. Unabhängig davon, ob sie individualisiert sind oder nicht.
Guter Samariter
helpful
valuable
relevant
informative
meaningful
useful
Relevanz war immer schon einer der Kernwerte von Google – und dürfte immer noch der Hauptgrund sein, warum wir Google lieben (meistens 😉). In Googles Selbstbeschreibung kommt der Begriff weit oben vor und gleich zweimal:
«Du suchst Antworten, nicht Milliarden von Webseiten. Deswegen durchsuchen die Ranking-Systeme von Google Milliarden von Webseiten in unserem Suchindex und präsentieren dir nützliche und relevante Ergebnisse im Bruchteil einer Sekunde. Diese Ranking-Systeme bestehen aus mehreren Algorithmen, die deine Suchanfrage analysieren, um dir relevante Ergebnisse liefern zu können.»
Wie schön, dass Google seinem Nützlichkeitsdogma treu bleibt. Fragen mich Leute, mit welchen Tricks sie bei Google weiter nach oben kommen – sei es in den bezahlten oder unbezahlten Suchtreffern – dann pflege ich zu sagen: Da gibt es letztlich keinen Trick, sondern nur harte, ehrliche Arbeit. Sorgt erstmal dafür, dass es überhaupt einen Grund gibt, Euch weiter oben anzuzeigen.
Spieglein, Spieglein an der Wand
delightful
beautiful
content rich
engaging surprising
Das finde ich eine begrüssenswerte Entwicklung. Abzulesen ist das beispielsweise auch am Design des Google-Kalenders, welches immer ansehnlicher wird. Schön, dass nun auch die Ads diese Schönheitsbehandlung erben.
Ich sage gerne: Man sollte die Leute dafür belohnen, dass sie sich unsere Ads anschauen. Danke Google, dass Du uns dabei hilfst.
Der Kreis schliesst sich
seamless
holistic
consistent
unified
immersive
integrated
Es ist ein eindrückliches Beispiel, das sie da in der Präsentation brachten: Jemand absolvierte über 500 Touchpoints, bevor er schliesslich ein Produkte kaufte. Ich sehe das auch in den Analytics-Berichten: die Customer Journeys werden immer länger.
Google sagt ja schon seit einer Weile, der Funnel sei tot und die Demographie ebenfalls – die Aufmerksamkeit sei heute atomisiert und verteile sich absichtsgetrieben über partikulare «Moments of Truth». Beizukommen sei dem für uns Marketers nur noch mit Machine Learning, welches Google uns freundlicherweise zur Verfügung stellt.
Wie genau die neue Datentransparenz aussehen wird, hat Prabhakar Raghavan nicht transparent gemacht.
transparent
respectful
trustworthy
Gefühlt kamen Begriffe dieser Art am häufigsten vor (pardon, am zweithäufigsten. Am meisten zu hören war «excited» 😉). Ich werde den Eindruck nicht los, dass Google präventiv auf Datenschutz und -transparenz pocht, weil man in Mountain View politisches Ungemach fürchtet. Wobei mir letztlich egal ist, warum Google meine Daten schützt. Solange sie es denn tun.
Fazit
Ich glaube, durch diese semantische Analyse einen Blick in Googles Werbe-Zukunft erhascht zu haben. Die dürfte spannend bleiben, wie gewohnt – und sich entwickeln zwischen den Polen zunehmender Personalisierung einerseits und wachsenden Datenschutz-Bedenken andererseits. Der Grat zwischen erfreulicher Individualisierung der Werbebotschaften und nervigem Stalking ist bekanntlich schmal bis sehr schmal.
Hinzu kommen noch die Bedrohungen durch erstarkende Werbekonkurrenten wie beispielsweise Amazon. Ich bin gespannt, wie Google sich all dieser Herausforderungen annehmen wird.
Machine Learning wird’s richten und wird immer besser, laut Philipp Schindler, Chief Business Officer
Die komplette Aufzeichnung der Google Marketing Live 2019 gibt es drüben auf Youtube.
Aurel Gergey ist Senior Consultant und Conversion Copywriter bei Wortspiel. Er war in Werbeagenturen als Texter/Konzepter tätig und nutzt Google Ads seit 2004. Aurel hat zusammen mit Stefan Vetter das Buch «AdWords für Startups» veröffentlicht. Sein Leitsatz: Bessere Worte verkaufen besser™.